100 Jahre Nolzen

DIE FIRMENHISTORIE

In Hermann Nolzens Bandfärberei wuchsen acht Kinder heran. Die beiden ältesten Söhne übernahmen den Betrieb. Der jüngste, Artur, durfte studieren, machte Ingenieurexamen. Beim Schwelmer Eisenwerk erwarb er sehr wertvolle Erfahrung. Zu jener Zeit kündigte sich Wandel an: die Umstellung von Gleichstrom auf Wechselstrom, was im Werksalltag bedeutete, dass nun Riementransmission vom elektrischen Einzelantrieb abgelöst werden sollte. Auch Ing. Artur Nolzen stellte sich um. Und eröffnete, 26jährig, 1919 mit seinem kaufmännisch ausgebildeten Bruder Julius eine Ankerwickelei nebst Verkauf und Reparatur von Elektromotoren. Immer mehr Maschinen liefen ohne Wasser- und Dampfkraft, direkt steuerbar, stromgespeist.

 

Das Geschäft blühte. Plötzlich Rückschlag – verheerende Inflation. 1923, am Höhepunkt, kostete in Deutschland 1 Dollar rd. 4,2 Billionen Mark. Produktive Elektrifizierung gebremst. Gab es einen Ausweg? Zufall stellte Weichen. Da fragte ein Werkzeugfabrikant, ob man ihm den Industrieofen reparieren könne. Unser Tüftler schnurstracks hin so, als hätte er zeitlebens nichts anderes getan, knöpfte er sich den Invaliden vor, schweißte, schraubte, justierte – es gelang das Ding wieder zum Glühen zu bringen. Man blieb an der Hitze. Verfolgte die heiße Spur. Erwarb Fachkenntnisse. Der Raum Wuppertal-Remscheid-Solingen versprach guten Absatz. Artikelreiche Metallverarbeitung genoss im Bergischen traditionellen Ruf. Nolzen baute zunächst einfache Öfen zum Härten und Anlassen von Stählen. Der Bruder schied 1928 aus. Artur, alleiniger Inhaber, firmierte bald mit seinem Namen, er warf Ankerwickelei samt Motorenpaket über Bord – konzentrierte sich vollends auf Industrieöfen.

 

In den 30er Jahren setzte zügige Steigerung der deutschen Industrieproduktion ein, die Ansprüche an die Härtetechnik stiegen sprunghaft. Werkzeugstahl wurde durch hochwertigeren Schnellarbeitsstahl verdrängt. Früher, beim Werkzeugstahl, gab es im Vergüteprozess noch viel Einstellarbeit von Hand, laufend Vergleichsmessungen, mit Handrädern mussten verschiedene Ströme reguliert werden – kein Wunder, dass hier Schwankungen auftraten, allerdings, auf den Bruchteil einer Sekunde kam es gar nicht an. Ganz anders bei Schnellarbeitsstählen – sie sind härter, ihr Härteprozess ist wesentlich empfindlicher. Hier musste Vergütung exakt steuerbar sein. Erfinder aufgerufen! Ing. Artur Nolzen hatte eine originelle Art, mit Ideen umzugehen: plötzlich innovativer Einfall, schon griff er nach der Zigarettenschachtel und skizzierte auf die blanke Rückseite den Gedankenblitz. Manche Konstruktionsidee hat er in geschilderter Weise notiert. So u.a. sein Patent zur vollautomatischen Stark/Schwach/Aus-Regelung, welche eine genaue Temperaturregelung in Salzbadstraßen zuließ. Schnellarbeitsstahl konnte präzise Behandlung erfahren . . .

 

Weiteren Auftrieb brachte die expandierende Flugzeugindustrie. Sie benötigte umfangreiche Aluminium-Vergüteanlagen. Das Programm bot zu jener Zeit bereits halb- und vollautomatische Banddurchlauf-Härte-, Vergüte- und Anlass-Anlagen für Schrauben- und Werkzeugproduktion. Vor dem Krieg kam der Automobil- sowie Fahrzeugbau hinzu. Unter den früheren Trümpfen verdienen die ausgeklügelten Luftumwälz-Einrichtungen besondere Erwähnung. Sie ermöglichten pionierhaft eine absolut gleichmäßige Temperaturverteilung im Chargierraum. Sämtliche Erzeugnisse hier zeichnet Robustheit aus. Technische Effizienz, wirtschaftlicher Effekt. Von Anfang an.

 

Die Betriebsstätten konnten bald nicht mithalten. Man vertauschte sie 1937 gegen ein stattliches Gebäude einer ehemaligen Tuchfabrik in der Scheidtstraße. 1943 Bomben, 90% des Stadtkerns von Ronsdorf zerstört. Auch Nolzen niedergebrannt. Mitarbeiter, die sonst Öfen ausmauerten, packten zu, zogen Wände hoch, andere überholten gerettete Maschinen – und weiter lief altgewohnte Produktion. Kriegsende, aus. Elektro-Haushaltsgeräte wie Bügeleisen, Waffeleisen, Kochplatten usw. bahnten den Neuanfang, Sterilisatoren für Krankenhäuser und Zahnärzte, Vulkanisiergeräte und kleine Werkbanköfen überbrückten die allgemeine Wirtschaftsnot bis zur Währungsreform. Endlich grünes Licht. Freie Marktwirtschaft . . . Von der Schulbank war Gründersohn Hans Artur Nolzen, Jahrgang 1924, in den Krieg gezogen. Heimgekehrt, studierte er an Wuppertals Ingenieurschule Elektrotechnik. 1951 trat er ein, leitete zunächst die Produktion, während sich sein findiger Tüftler-Vater Entwicklung und Kundenkontakte vorbehielt. Beim erwähnten Bombenangriff kam Konstruktionsleiter Ing. Klein ums Leben; in dessen Position rückte Ingenieur Hans Zimmermann auf, er hatte einst als technischer Lehrling hier begonnen. Schritt für Schritt voran. Zur Vorkriegspalette gesellten sich Gasaufkohlungs - , Herdwagen- und Nitrieröfen sowie schutzgasgeführte Öfen. Fast alles Sonderkonstruktionen, bis heute eine Spezialität des Hauses.

 

Der Firmengründer starb 1958. Hans Artur Nolzen steuerte nun allein die Geschicke des Unternehmens. Er fing an, außer elektrisch beheizten, auch öl- und gasbeheizte Öfen zu bauen. Entsorgung und Wärmerückgewinnung wurden aktuell. Die Kapazität verdoppelte sich. Export über Europa hinaus rollte nach Algerien, Iran, Honduras . . .

1978 erst 54jährig, verstarb Hans Artur Nolzen. Da sich beide Söhne, Hans Artur jr. und Ulrich, noch in Ausbildung befanden, übernahm Ehefrau Gertrud die Geschäftsführung. Tapferer Entschluss. Höhere Handelsschule und Lehre als Industriekauffrau ihr fachliches Rüstzeug. Jetzt bewährte sich so hilfreich das beispielhafte Füreinander von Chefetage, leitenden Mitarbeitern und Belegschaft. Getrud Nolzen: „Ich habe in meinem Leben noch nie so viel gerechnet, wie in der ersten Zeit damals“. Ihr Einsatz, die Fortführung des Unternehmens, sollte bald Früchte tragen.

Inzwischen die Junioren voll aktiv. Nach Gymnasium, Maschinenbaupraxis und Hochschulbesuch startete Hans Artur Nolzen jr. 1981. Der drei Jahre jüngere Ulrich, geboren 1957, hatte seine Lehre als technischer Zeichner hier absolviert und blieb anschließend an Vaters Seite in der Firma, wodurch er sich frühzeitig einen Gesamtüberblick verschaffte. Beide wachsen erfolgreich in Führungsaufgaben hinein, auf Technik bzw. Vertrieb fixiert. Dynamische Ideenbringer. Mancher Beitrag, manche Steigerung ist bereits dieser jungen Initiative entsprungen. So etwa die Leichtbauweise. Leichtbau senkt Herstellungs- und Betriebskosten zugleich, Lieferant und Anwender genießen Vorteil!

 

Die Zeit schritt voran und so kam es, dass Felix Artur Nolzen, der Sohn von Ulrich Nolzen, 2006 in das Unternehmen

eintrat und wie bereits sein Vater, seine Lehre als technischer Zeichner im Maschinenbau im Unternehmen absolvierte.

Er arbeitet bereits viele Jahre zuvor in der Fertigung, um sich während seiner Schulzeit etwas dazu zuverdienen.

So ist das halt, in einem Familienunternehmen. Man wird hinein geboren. Von Beginn an wurde die 4te. Generation in die Obhut der Führungskräfte genommen. Großprojekte für die Windkraftindustrie gehörten zu den ersten Aufgaben, die der junge Konstrukteur zu verantworten hatte. Nach kürzester Zeit standardisierte Felix Nolzen die Konstruktion, so dass Baugruppen übernommen werden konnten, Fehler in der Konstruktion verringert werden und Prozessabläufe verkürzt wurden. Dann der Wechsel von 2D auf 3D Konstruktionen. Baugruppen lassen sich hierdurch viel besser darstellen, insbesondere da die Ofengrößen wuchsen. Das Unternehmen wuchs und wurde in kürzester Zeit zum größten Nitrierschachtofenbauer Europas. Dann wurde es ruhig. Ruhig, da die Wirtschaft stagnierte. Wie so viele andere Firmen auch, hat die weltweite Wirtschaftskrise auch Nolzen getroffen. Anlagen wurden gestoppt oder storniert. Durch den Abbau vieler Arbeitsplätze und den Abschied einiger Mitarbeiter in den Vorruhestand, suchte Felix Artur Nolzen neue Herausforderungen im Unternehmen. Erst einige Jahre im Einkauf, anschließend im Vertrieb. Erfahrung sammeln stand an oberster Stelle. Dann ein tragischer Vorfall. Ulrich Nolzen wurde krank. Was nun?

Die Lösung lag nahe. Konstruktives Geschick, wirtschaftliches Denken und Handeln, Umgang mit Kunden, Einblick

in die wesentlichen Abläufe des Unternehmens. All diese Qualifikationen konnte Felix Artur Nolzen bereits in seinen

jungen Jahren abdecken. Was fehlte war die Erfahrung, welche jedoch durch eine gefestigte Kernbelegschaft im

Hause vorhanden war.

 

Felix Artur Nolzen stand vor großen Aufgaben das Unternehmen in die Zukunft zu führen. Die Wirtschaftskrise war

gerade vorbei das Unternehmen musste sich neu strukturieren. Das Unternehmen setze weiterhin auf langlebige und

robuste Anlagen. Dafür war Nolzen bekannt. Aber Felix wollte mehr. Das Produktspektrum wurde verschlankt um sich intensiver auf Anlagen zu konzentrieren, die die Wertigkeit, die Zuverlässigkeit und das Knowhow von Nolzen repräsentieren. Einmalig im Bereich des Ofenbaus wurden den Kunden Gewährleistungen von bis zu 60 Monaten angeboten. Ein Aufhorchen der Kunden war zu spüren. 60 Monate? Sowas gab es bis dahin noch nicht. Öfen die zuvor einmalig in 10 Jahren gebaut wurden, wurden zum Standardprodukt. Felix begeistert seine Kunden durch seine offene und vertraute Art, sein fundiertes, technisches Wissen im Bereich der Ofentechnik und seine innovativen Lösungsideen. Schnell umschalten. Weg von den festgefahrenen Strukturen. „Du musst flexibel sein und dem Kunden zuhören“, sagt er. Nolzen ist eine Familie, in der jeder Kunde das Gefühl von Vertrauen erleben darf und erleben soll.

Es war an der Zeit das die Gesellschafter Ulrich und Hans Artur Nolzen den Weg frei machen, damit der Sohn Felix das Unternehmen frei nach vorne führen kann. Und so kam es, dass Felix Artur Nolzen bis heute alleiniger Inhaber des Unternehmens ist und die Stärke der Vergangenheit mit der Innovation der Zukunft verbindet um so das Unternehmen auszubauen. Vollautomatisierte Anlagen, die in Ihrer Größe komplette Fertigungshallen einnehmen, gehören ebenso zum Produktspektrum wie Anlagen, an denen die Konkurrenz verzweifelt und sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Nolzen der Herausforderung entgegenstellen.

 

Im Sommer 2019 dann das Jubiläum. Nolzen ist 100 Jahre alt geworden. Wer kann das schon als Ofenbauer von sich behaupten. Ganz Unternehmer, lud Felix Nolzen seine Kunden bereits zum Vormittag ein, um in dem ersten Nolzen Seminar auf die Innovation der neuen Produkte aufmerksam zu machen. Das Unternehmen möchte gezielt Kunden ansprechen und einladen um das Produktspektrum, die hohe Fertigungstiefe sowie die zukünftige Ausrichtung vorzustellen. Messen, die viel Geld kosten sind Vergangenheit. Heute wird die Nähe zum Kunden gesucht.

Nolzen-Öfen und -Anlagen begegnen uns in zahlreichen Sektoren, etwa der Automobil-, der Flugzeug-, der Windkraft-, der Messer- der Maschinenbauindustrie oder dem klassischen Lohnbehandler. Die größten Dax notierten Unternehmen als auch kleinere mittelständische Unternehmen gehören heute zu den engsten Kunden. Gütebewusstes Denken ist Maßstab. Gestern wie heute heißt es hier: Tue alles für den Kunden!